Zum Artikel Holsteinischer Courier vom 01.07.2021

Nicht veröffnetlichter Leserbrief


Zu „Betriebsrat stützt SWN-Pläne“


Die Meinung eines ehemaligen FEK-Personalrats

Die im Öffentlichen Dienst Beschäftigten und ihre Arbeitgeber sind Teile der öffentlichen Hand und dienen in aller Regel dem Gemeinwohl. Wenn alle Bewohner der Stadt unter guten Daseinsbedingungen leben (Daseinsvorsorge), haben sie gut gearbeitet. Jede private Investition in dieses Binnenverhältnis entzieht der kommunalen Einrichtung per Renditeerwartung anderweitig gebrauchte Gelder. Eine Einflussnahme auf das Geschäftsgebaren der Verwaltung und Selbstverwaltung kann dabei nicht ausbleiben. Deshalb ist in vielen und Partei- und anderen Organisationsprogrammen der Grundsatz verankert: ‘Keine Privatisierung in der Daseinsvorsorge‘.

Gewerkschaftsarbeit im Öffentlichen Dienst könnte also beinahe ein Selbstgänger sein. Wer eine starke Daseinsvorsorge möchte, muss auch für gute Arbeitsbedingungen für die damit Beschäftigten sein (s. Pflegekräfte in der Corona-Pandemie). Warum gibt es dennoch im Energiebereich vor Ort auf einmal zwei entgegengesetzte Positionen im Arbeitnehmerlager? Die Verdi-Spitze unterstützt das Anti-Privatisierungsbündnis, während der Betriebsrat der MBA öffentlich für einen Teilverkauf an Remondis eintritt. Rechtfertigt die im Betrieb ‘gefühlte‘ Sorge um die eigenen Arbeitsplätze die Inkaufnahme der Privatisierungsnachteile?

Wo steckt der ‘Has‘ im Pfeffer‘? Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes garantiert die jahrelange Sparpolitik gerade im Öffentlichen Dienst einen deutlichen Zuwachs an guten und umweltverträglichen Arbeitsplätzen. Neben der Erschließung erneuerbarer Energiequellen für die Fernwärmeerzeugung gehört vor allem die Ausrüstung aller tauglichen öffentlichen, gewerblichen und privaten Dach- und Freiflächen mit Solartechnik (auch derjenigen im Fernwärmenetz!) in eine Zukunftsbilanz. Die noch größere Herausforderung aber wartet in den ‘Quartieren‘ ohne Fernwärme (über 70% der Wohneinheiten), in denen das Aus für die Ölbrenner bereits festgelegt ist und das Ende der Gasthermen bald folgen muss. Vor Ort gemeinsam mit den zu motivierenden Mietern und Hausbesitzern kluge, lokal passgenaue Ersatzlösungen für die Wärmeversorgung zu entwickeln, sollte die Hauptaufgabe des in Vielfalt und Umfang wachsenden Dienstleisters SWN sein.

Remondis hingegen lockt nur mit Geld, das anderswo günstiger und unverbindlicher zu haben wäre, und bietet dafür hauptsächlich Nachschubsicherheit an bezüglich der in Wirklichkeit eben nicht klimaneutralen Brennstoffen für die TEV. Alle sonstigen Belange der Daseinsvorsorge passen weniger gut ins Geschäftsmodell des Müll-Monopolisten. Mit dem laufenden Bürgerbegehren haben die Neumünsteraner jetzt das Mittel, eine bindende Entscheidung aller Bewohner herbeizuführen.

Jochen Rathjen, Neumünster
 

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